Radsportlerin Jenny Hofmann auf neuen Wegen Richtung Paralympics 2028

SC DHfK-Radsportlerin Jenny Hofmann startet als Tandem-Pilotin im Para-Radsport durch – Ziel: die Paralympischen Spiele 2028 mit Biathlon-Weltmeisterin Johanna Recktenwald
Leipzig. Noch vor wenigen Jahren fuhr Jenny Hofmann vom SC DHfK Leipzig allein durchs Feld der nationalen Radsport-Elite, holte u.a. Bronze bei der Straßen-DM. Heute lenkt sie ein Tandem – und trägt damit nicht nur Verantwortung für sich selbst, sondern auch für ihre Partnerin Johanna Recktenwald, eine sehbehinderte Athletin mit großen Erfolgen im Wintersport (u.a. Weltmeisterin im Para Biathlon 2025) und großen Ambitionen auf dem Rad. Gemeinsam haben sich die beiden ein klares Ziel gesetzt: die Paralympischen Spiele 2028 in Los Angeles.
Vom Straßenradsport zur Para-Tandem-Bühne
„Der Radsport hat mich nie ganz losgelassen und im Para-Sport habe ich eine neue spannende Aufgabe und Motivation gefunden“, erzählt die gebürtige Erfurterin. Schon in der Grundschule wurde bei ihr die Begeisterung fürs Rennrad fahren geweckt. 2017 wechselte sie vom Sportgymnasium Erfurt nach Leipzig ins ambitionierte Girls Team Sachsen von Olympiasiegerin und Weltmeisterin Petra Rossner. Als sich das Team zwei Jahre später auflöste, fuhr Hofmann noch für verschiedene Clubteams in den Niederlanden und Belgien und ein Profiteam in England. 2022 entschied sie dann, ihre Leistungssportkarriere zu beenden. Die Corona-Zeit hatte Spuren hinterlassen – kaum Wettkämpfe, wenig Perspektive. „Ich habe gespürt, wie wichtig mir auch das Leben außerhalb des Sports ist – Freunde, Familie, ein Stück Normalität.“
Doch die Leidenschaft für den Radsport ließ sie nicht los. Schon 2021 hatte sie den Para-Radsport bei den Paralympics in Tokio genauer verfolgt. Als sie durch den Bundestrainer vom Tandem-Projekt mit den zwei Biathletinnen Leonie Walter und Johanna Recktenwald aus Freiburg hörte, war ihr Interesse geweckt. Schon das erste Probetraining im Oktober 2023 überzeugte – sportlich wie menschlich. „Es war irgendwie Liebe auf den ersten Blick. Das Zusammenspiel, das Vertrauen, die Herausforderung. Meine Motivation war geweckt – ich wusste sofort: Das ist mein Weg“, so die 27-Jährige.
Auf Augenhöhe – im doppelten Sinne
Am Anfang fuhr Hofmann noch mit Leonie Walter, im Frühjahr 2024 wechselte sie dann komplett aufs Tandem mit Johanna Recktenwald – vorne lenkt, schaltet, bremst Jenny als Pilotin, hinten tritt Johanna kraftvoll mit. Ein vollkommen anderes Fahrgefühl als alleine auf dem Rad, wie Jenny beschreibt: „Ich trage die volle Verantwortung – Johanna hat aufgrund einer Augenerkrankung nur noch etwa zwei bis drei Prozent Sehkraft. Kommunikation ist alles – auch wenn man selbst am Leistungslimit ist. Ich muss sagen, wann wir schalten, wenn eine Kurve kommt oder es eine gute Möglichkeit zum Trinken gibt.“
Das Zusammenspiel klappt immer besser – auch, weil die beiden nicht nur sportlich, sondern auch als Freundinnen zusammengewachsen sind. Gemeinsame Trainingslager, Social-Media-Videos und eine Dolomitenüberquerung auf dem Tandem – das Team Recktenwald/Hofmann ist längst mehr als ein sportliches Duo.
Erfolge auf internationaler Bühne
Die sportlichen Ergebnisse können sich sehen lassen: Schon bei den ersten gemeinsamen Weltcups 2024 landeten sie auf Platz 7 im Straßenrennen und Platz 8 im Zeitfahren im belgischen Ostende. In Maniago (Italien) steigerte sich das Duo weiter – Platz 5 im Zeitfahren, nur eine Sekunde auf Platz 4 und wenige mehr hinter dem Podest. Ein Kettenschaden verhinderte dort eine noch bessere Platzierung im Straßenrennen.
Und auch auf der Bahn zeigten sie ihr Potenzial: Bei der Bahn-DM in Cottbus holten sie Anfang Juni ihre ersten zwei Goldmedaillen – in der 4000-m-Verfolgung und im 1000-m-Zeitfahren. „Das war unser erster gemeinsamer Bahn-Wettkampf – und gleich so erfolgreich. Das gibt enormes Selbstvertrauen“, so Hofmann.
Die beiden trainieren unter anspruchsvollen Bedingungen – nicht selten ohne das Material, das Weltspitze-Teams zur Verfügung steht. Hinzu kommt, dass durch Johannas zwei Sportarten (Para Ski Nordisch und Para Radsport) weniger Zeit für das gemeinsame Training bleibt. „Das sind Ressourcen, aus denen wir noch mehr rausholen können“, sagt Jenny.
Zwischen Polizeidienst und Spitzensport
Neben ihrer sportlichen Karriere absolviert Hofmann eine Ausbildung bei der Landespolizei in Leipzig und gehört dort zur Sportfördergruppe. Anfang 2024 trainierte sie neben der Vollzeitarbeit im Schichtdienst. Seit März 2024 darf sie sich dank der Sportfördergruppe voll und ganz auf den Leistungssport fokussieren. Diesen Juli wollen Jenny und Johanna noch an der Para-DM im Straßen-Zeitfahren teilnehmen. Danach wird sich Jenny selbst mit Bundeslehrgängen und kleineren Wettkämpfen fit halten, da sich ihre Partnerin Johanna dann vollkommen auf die Vorbereitung auf die Paralympischen Winterspiele 2026 in Italien konzentrieren wird – sie ist amtierende Weltmeisterin im Biathlon. Ab April 2026 soll dann der volle Fokus auf dem Tandem-Radsport liegen.
Das große Ziel: Los Angeles 2028
Die Qualifikation für die Paralympischen Spiele ist das große Ziel: Nur wer konstant Top-Leistungen zeigt, kann sich einen der begehrten Quotenplätze für Deutschland sichern. Und am Ende werden nur Athletinnen nominiert, denen Medaillenchancen zugetraut werden.
Und dafür werden Jenny Hofmann und Johanna Recktenwald alles geben. „Wir glauben an uns und möchten als starkes Team in Los Angeles eine Medaille holen“, so Hofmann.